Qualifizierung von Pflegeeltern

Martin R. Textor

 

In Heft 1/1995 der Zeitschrift KINDESWOHL wurde ein vierseitiger Fragebogen abgedruckt, mit dem die Erfahrungen von Pflege- und Adoptiveltern mit den Pflegekinderdiensten bzw. Adoptionsvermittlungsstellen erfasst werden sollten. Der Rücklauf war sehr gering: Nur 126 Pflege- und Adoptiveltern beteiligten sich - 92 Pflegeeltern, 21 Adoptiveltern sowie 13 Adoptiv- und Pflegeeltern. Im Folgenden werden - sofern nicht anders erwähnt - nur die Umfrageergebnisse für die 77 Pflegeeltern dargestellt, die nach Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (1991) ein Pflegekind aufnahmen.

Als übliche Form der Vorbereitung von Pflegefamilien erwiesen sich Gespräche mit der Fachkraft des Pflegekinderdienstes im Büro, vereinzelt auch in der Wohnung der Befragten: 89% der gesamten Stichprobe berichteten von dieser Art der Vorbereitung. Ansonsten zeigte sich, dass bei Inpflegegaben ab 1991 häufiger weitere Formen eingesetzt wurden: 26% der Pflegeeltern berichteten von Vorbereitungsseminare, 22% hatten eine Literaturliste sowie 36% schriftliche Materialien erhalten; 25% wurden in Kontakt mit erfahrenen Pflegeeltern gebracht (Inpflegenahme ab 1991).

Selbst wenn mehrere Formen der Vorbereitung auf die Pflegeelternschaft eingesetzt werden, ist nicht gesagt, dass alle relevanten Themen abgehandelt werden. So gab immer weniger als die Hälfte der Pflegeeltern an, über die jeweils vorgegebene Thematik genügend Informationen bekommen zu haben - mit einer Ausnahme: 57% der Pflegeeltern fühlten sich über die Problematik der Beziehung zur Herkunftsfamilie des Kindes ausreichend aufgeklärt. Ansonsten wurden z.B. Informationen über die kindliche Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten bzw. Behinderungen, Probleme in der Eingewöhnungsphase, Problematik der doppelten Elternschaft und Aufgaben der Jugendämter vermisst. Am seltensten fühlten sich die Pflegeeltern über die mit der Rückführung eines Pflegekindes verbundenen Gefühle und die Probleme leiblicher Kinder bei Aufnahme eines Pflegekindes ausreichend informiert.

Die KINDESWOHL-Umfrage ergab ferner, dass laut den Pflegeeltern bei 9% der Inpflegenahmen ab 1991 kein Hilfeplan vorlag. Nach Aussage der Befragten wurden die leiblichen Eltern in 35% der Fälle nicht, in 21% ansatzweise und in 26% zufrieden stellend bzw. intensiv an der Hilfeplanung oder Überprüfung/Fortschreibung des Hilfeplans für das zuletzt aufgenommene Pflegekind beteiligt. Die Pflegeeltern selbst wurden in 27% der Fälle nicht, in 22% ansatzweise und in 42% zufrieden stellend bzw. intensiv einbezogen. In 44% der Fälle wurde ein Besuchsplan erstellt; in 47% der Fälle wurde davon abgesehen.

Vor der Aufnahme des zuletzt in ihrer Familie platzierten Pflegekindes führten 27% der Pflegeeltern ein Gespräch mit dem zuständigen Sozialarbeiter, 44% zwei oder drei, 13% vier oder fünf und 8% sechs oder mehr Gespräche. Vorbereitungsgespräche der zuständigen Sozialarbeiterin mit dem jeweiligen Kind waren sehr selten. 4% der Pflegeeltern berichteten von einem, 7% von zwei oder drei und 1% von sechs oder mehr Gesprächen. Grund für das Fehlen derartiger Vorbereitungsgespräche war überwiegend das Alter des Kindes: In 55% der Fälle handelte es sich um einen Säugling oder ein Kleinkind. In 23% der Fälle war den Befragten aber auch unbekannt, ob es zu Vorbereitungsgesprächen kam. Zur Kontaktanbahnung wurden nur Besuche des Kindes in mehr als der Hälfte der Fälle praktiziert. In 49% der Fälle kam es zu Treffen mit dem Kind in Anwesenheit des Sozialarbeiters, in 32% der Fälle übernachtete das Pflegekind vorab bei seinen zukünftigen Pflegeeltern. Von mehrtägigen Aufenthalten wurde von 24% der Pflegeeltern berichtet.

Bis zu 56% der Pflegeeltern fanden, dass sie z.B. über folgende Punkte hinsichtlich der Herkunft ihres Pflegekindes nicht informiert wurden: Entwicklung im Säuglings- bzw. Kleinkindalter, traumatische Erfahrungen in der Herkunftsfamilie, Beziehung zu den leiblichen Eltern bzw. Geschwistern, Gesundheit/Behinderungen, Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten, Intelligenz, Sozialverhalten, Stärken und Schwächen. Als "gut informiert" erlebten sich maximal 26%. Ähnliches galt für Informationen über die Herkunftsfamilie des Kindes: Zwischen einem Fünftel und der Hälfte der Pflegeeltern fühlten sich über vorgegebene Charakteristika wie Bildung, psychischer Zustand, Belastungen, Erziehungsverhalten oder Partnerbeziehung der leiblichen Eltern nicht informiert. Nur hinsichtlich der Gründe für die Inpflegegabe und der Familienverhältnisse bezeichnete sich mindestens ein Viertel der Befragten als gut informiert.

Hinweise zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten oder psychischen Problemen des Kindes erhielten vor der Aufnahme des zuletzt bei ihnen platzierten Kindes ansatzweise 23% der Pflegeeltern; zufrieden stellend waren die Hinweise nur in 16% der Fälle. Keine Informationen bekamen 44% der Pflegeeltern. Hinweise bezüglich des Umgangs mit Krankheiten, Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen erhielten ansatzweise 43% der Pflegeeltern; zufrieden stellend waren die Informationen in 18% der Fälle. 40% gaben an, dass sie keine Hinweise erhalten hätten.

Obwohl in der Regel der Kontakt zwischen Pflegekind und leiblichen Eltern aufrechterhalten werden soll, gaben 34% der Pflegeeltern an, vor der Aufnahme des zuletzt bei ihnen platzierten Kindes keine Hinweise zur Förderung dieser Beziehung erhalten zu haben. In 30% der Fälle wurden sie diesbezüglich ansatzweise sowie in 23% der Fälle zufrieden stellend informiert. Obgleich die voraussichtliche Dauer des Pflegeverhältnisses und damit die Rückkehrperspektive für Pflegekind, Herkunfts- und Pflegefamilie wichtige Orientierungsdaten sind, erhielten 16% diesbezüglich keine Informationen. 25% wurden ansatzweise und 55% zufrieden stellend informiert.

An Nachbetreuungsmaßnahmen im ersten Jahr nach der Aufnahme des zuletzt platzierten Pflegekindes benötigte mehr als die Hälfte der Pflegeeltern Beratung bei Problemen in der Eingewöhnungsphase, bei Erziehungsschwierigkeiten, bezüglich des Umgangs mit Verhaltensauffälligkeiten bzw. psychischen Problemen des Pflegekindes sowie bei Konflikten mit den leiblichen Eltern. In 22 bis 35% der Fälle, in denen Nachbetreuungsmaßnahmen benötigt wurden, erfolgten diese laut Aussagen der Pflegeeltern nicht, in 30 bis 42% der Fälle ansatzweise und nur in 26 bis 43% der Fälle zufriedenstellend.

Zum Zeitpunkt der Umfrage hatten von den befragten Pflegeeltern 3% sehr oft, 16% oft, 55% manchmal, 22% selten und 3% nie das Gefühl, dass sie einer Beratung durch den Pflegekinderdienst benötigen. Eine eventuell vorhandene Beratungsbedürftigkeit kann vom Fachdienst nur erkannt und befriedigt werden, wenn ein regelmäßiger Kontakt besteht. Bei der Umfrage gaben aber 7% der Pflegeeltern an, in den letzten 12 Monaten keinen Kontakt gehabt zu haben; 23% antworteten mit "ein-/zweimal", 47% mit "drei- bis achtmal" sowie 18% mit "etwa monatlich". Nur jeweils weitere 3% gaben an, etwa vierzehntägig oder noch häufiger Kontakt zu haben.

Eine besondere Behandlung des zuletzt aufgenommenen Pflegekindes durch Psychologen oder Psychotherapeuten hielten nur 33% der Pflegeeltern für nicht notwendig; 58% bezeichneten sie hingegen als indiziert. Eine Behandlung erfolgte in 62% der letztgenannten Fälle. Eine Behandlung durch Heilpädagogen, Logopäden u.a. wurde von 31% für nicht nötig und von 57% für nötig erachtet; sie erfolgte in 75% der letztgenannten Fälle. Ferner wurde gefragt, ob die Herkunftsfamilie des zuletzt aufgenommenen Pflegekindes noch von Sozialarbeitern betreut wird. 20% der Pflegeeltern antworteten mit "unbekannt", 20% mit "nein", 46% mit "ja, allgemein" sowie 13% mit "ja, mit dem Ziel der Rückführung unseres Pflegekindes". Das letztgenannte Befragungsergebnis lässt vermuten, dass nur in wenigen Fällen eine Rückführung des Pflegekindes angestrebt wird; bei den weitaus meisten Pflegefamilien dürfte es sich also um Ersatz- und nicht um Ergänzungsfamilien gehandelt haben (vgl. Textor 1995b).

Nimmt man die Befragungsergebnisse für alle drei Gruppen zusammen, so wurde die Vorbereitung auf die Pflege- bzw. Adoptivelternschaft mit der Durchschnittsnote 3,4, die Vorbereitung auf das zuletzt aufgenommene Kind mit 3,3, die Nachbetreuung mit 3,2 und die Beratung bei Problemen mit 3,0 benotet. Schließlich sollten die Befragten den zuletzt für sie zuständigen Sozialarbeiter nach einer vorgegebenen siebenstufigen Skala beurteilen, wobei 11 Gegensatzpaare die Extreme kennzeichneten. Die Pflegeeltern (Inpflegegabe ab 1991) schrieben den zuletzt für sie zuständigen Sozialarbeitern in der Regel positive Eigenschaften wie Höflichkeit, Partnerschaftlichkeit, Vertrauenswürdigkeit, Hilfsbereitschaft, Toleranz und Verständnis zu. Etwas weniger gut wurden deren fachliche Kompetenz, ihre Qualität als Berater und ihre Erfahrung mit Kindern eingeschätzt; das Vorhandensein solcher Qualifikationen wurden von 17 bis 22% der Befragten sogar verneint. Betroffen macht das Befragungsergebnis, dass immerhin 11% aller Pflege- und Adoptiveltern die jeweilige Fachkraft für nicht vertrauenswürdig hielten und ihr damit eine Grundvoraussetzung für die Tätigkeit als Sozialarbeiter absprachen.

Alle Befragungsergebnisse zur Bewertung der Fachdienste und ihrer Mitarbeiter/innen machen deutlich, dass schon unter den derzeit gegebenen, noch relativ guten Rahmenbedingungen die Vorbereitung und Betreuung von Pflegefamilien durch die Pflegekinderdienste zu wünschen übrig lassen. Selbst Vorgaben des KJHG wie die Erstellung von Hilfeplänen und die Einbindung der Betroffenen (§ 36 KJHG) wurden in Einzelfällen nicht beachtet. Auch wurde offensichtlich, dass schon jetzt viele Pflegeeltern überfordert sind und psychotherapeutische oder heilpädagogische Unterstützung wünschen. Sollten meine Vorhersagen eintreffen und noch verhaltensauffälligere Kinder in Familienpflege gegeben werden, dürfte es noch häufiger zur Überforderung und damit auch zu vielen Pflegestellenabbrüchen kommen. Es müssen also Veränderungen in der Arbeit der Pflegekinderdienste erfolgen. Dabei sind solche zu bevorzugen, die unter Berücksichtigung der zukünftigen Rahmenbedingungen in der Jugendhilfe kostenneutral sind und wenig personellen Aufwand verursachen.

Ein Netzwerk für Pflegefamilien

Im letzten Teil meines Vortrags will ich nun skizzieren, wie ein vorbildhaftes, aber trotzdem nicht kostspieliges Programm von Vorbereitungs- und Nachbetreuungsmaßnahmen für Pflegefamilien auf örtlicher und regionaler Ebene aussehen könnte. Der Begriff "regionale Ebene" deutet schon an, dass letztlich die Angebote der Pflegekinderdienste der Jugendämter und Wohlfahrtsverbände nicht ausreichen. So verwenden in kleineren Jugendamtsbezirken die zuständigen Fachkräfte nur einen Teil ihrer Arbeitszeit auf die Arbeit mit Pflegefamilien. Das erschwert nicht nur eine Spezialisierung auf diesen Bereich, wodurch es zu einer Professionalierung käme (Erwerb von Fachkenntnissen und besonderen Fähigkeiten), sondern behindert auch die Durchführung von Gruppenangeboten wie Vorbereitungsseminare, Wochen(end)freizeiten oder Kurse, da nicht genügend interessierte Klienten vorhanden sind, um diese Maßnahmen effizient erscheinen zu lassen. Letzteres gilt umso mehr für Veranstaltungen, die nur für einen kleinen Teil der Zielgruppe relevant sind, also z.B. für Pflegeeltern mit behinderten, chronisch kranken oder stark verhaltensauffälligen Kindern. Deshalb dürfte es sehr sinnvoll sein, wenn sich mehrere benachbarte Jugendämter zusammenschließen würden, um gemeinsam Angebote für Pflegeeltern zu machen. Dadurch würden zugleich die knappen finanziellen Ressourcen geschont.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass viele Pflegeeltern recht kritisch gegenüber den Jugendämtern eingestellt sind und gerne ihre Erfahrungen mit den Fachkräften reflektieren möchten. Dies bedeutet, dass es auch Gruppenangebote geben sollte, die nicht von einem Sozialarbeiter/einer Sozialarbeiterin des Pflegekinderdienstes durchgeführt werden. Hier bieten sich Volkshochschulen und Familienbildungsstätten als Träger solcher Veranstaltungen an. Zumeist reicht ein Jahr, um alle familienpflegerelevanten Themen abzuhandeln. Dann stehen überwiegend Erziehungsfragen im Mittelpunkt, wie sie auch in anderen Familienformen auftreten. Diese können entweder im Rahmen anderer, allgemeiner Angebote abgehandelt werden, oder die Gruppe kann sich zu einer Selbsthilfegruppe, einem Pflegeelternstammtisch oder einer Ortsgruppe des Verbandes der Pflege- und Adoptiveltern weiterentwickeln, in der diese Themen ohne einen bezahlten Leiter/eine Leiterin diskutiert werden können.

Allerdings sind besondere Werbemaßnahmen in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und Wohlfahrtsverbänden nötig, wenn Volkshochschulen oder Familienbildungsstätten diese Zielgruppe erreichen wollen. In bevölkerungsärmeren Regionen könnten sich auch mehrere Volkshochschulen zusammentun und gemeinsam ein Gruppenangebot machen. Ferner müssten in manchen Bundesländern die Finanzierungsmodalitäten für die Erwachsenen- und Familienbildung geändert werden, sodass die Veranstalter bei kleinen Teilnehmerzahlen keine Verluste machen. Allerdings könnten in solchen Fällen auch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Zuschüsse leisten. Schließlich sind diese Veranstaltungen für die Jugendhilfe sehr kostengünstig, da sie keine personellen (und kaum finanzielle) Ressourcen beanspruchen.

Selbstverständlich können Gruppenangebote auch von Ortsverbänden der Pflege- und Adoptiveltern gemacht werden, die es aber nur in einigen wenigen Großstädten gibt. Schließlich wäre noch an die Form der Selbsthilfegruppe zu denken, bei der sich jedoch die Probleme der Suche nach genügend (engagierten) Mitgliedern und nach einer fachkundigen ehrenamtlichen Leitung stellen. Gerade in ländlich strukturierten Gegenden oder kleineren Städten dürfte eine solche Selbsthilfegruppe nur mit Unterstützung mehrerer umliegender Pflegekinderdienste zustande kommen. Auch hier werden kaum öffentliche Mittel benötigt. Zumeist reicht es auch, wenn die Fachkräfte Mitglieder werbend und vermittelnd tätig werden und eventuell kostenlos Räume für die Gruppentreffen zur Verfügung stellen.

Schließlich sollten vermehrt Erziehungs- und Familienberatungsstellen als Träger von Angeboten für Pflegefamilien in Betracht gezogen werden. Hier ist nicht nur an Beratungsgespräche und Therapien zu denken, sondern auch an intensivere Vorbereitungsseminare wie die "Pflegeelternschule", in der es um den Umgang mit schwer verhaltensauffälligen oder behinderten Kindern geht, oder an therapeutische Gruppen für Pflegeeltern mit schwierigen Kindern. Auch könnte auf regionaler Ebene von mehreren Beratungsstellen ein gemeinsames Angebot gemacht werden, das dann von einem Spezialisten/eine Spezialistin durchgeführt würde. Selbst wenn hier der Jugendhilfe auf den ersten Blick höhere Kosten entstehen, dürfte der Gesamtaufwand dennoch niedriger liegen, da die Pflegeeltern besser mit (schwer) verhaltensauffälligen Kindern umgehen könnten - die ja zunehmend in Familienpflege gegeben werden dürften - und dadurch spätere Erziehungsberatungen, heilpädagogische oder therapeutische Maßnahmen und Heimeinweisungen vermieden würden.

Sinnvoll wäre, wenn das zuständige Landesjugendamt eine Liste mit den Namen dieser Fachkräfte (und anderer Psychologen, Psychotherapeuten und Fachärzte, die Erfahrungen in der Behandlung von Pflegefamilien und -kindern gesammelt haben) erstellen würde, die von Beratungsbedürftigen angefordert werden kann bzw. den örtlichen Pflegekinderdiensten zu Vermittlungszwecken zur Verfügung steht. Das Landesjugendamt sollte aber auch vermehrt als Träger von Angeboten für Pflegefamilien auftreten, insbesondere für solche, für die sich auf örtlicher bzw. regionaler Ebene nicht genügend Teilnehmer finden lassen. Dazu gehören z.B. Veranstaltungen für Pflegeeltern, deren Pflegekinder unter bestimmten Krankheiten wie AIDS oder Behinderungen wie Down Syndrom leiden.

Daneben kommt den Landesjugendämtern und Zentralen Adoptionsstellen eine unterstützende Funktion zu: Neben der Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte vor Ort (einschließlich der Erziehungs- und Familienberater/innen) zu Fragen der Familienpflege sollten sie diesen Materialien zur Verfügung stellen, die sich zur Information von zukünftigen Pflegeeltern eignen, zu Werbezwecken verwendet werden können - überall mangelt es ja an geeigneten Pflegeltern – oder als Grundlage für Vorbereitungsseminare, Pflegelternschulen, Kurse, Einzelveranstaltungen und Familienfreizeiten verwendet werden können.

Wie schon angedeutet, muss ein derart umfassendes Angebot nicht notwendigerweise mehr kosten: Ist ein Vorbereitungsseminar aufwendiger als mehrere Einzelgespräche mit 12 Bewerberpaaren, bei denen immer wieder dieselben Themen auftauchen? Ist eine Pflegeelternschule kostspieliger als mehrere Beratungsgespräche mit Pflegeeltern, die nicht wissen, wie man mit verhaltensauffälligen Kindern am besten umgeht? Sind Kurse, Elterngruppen, Familienfreizeiten (mit Fortbildungseinheiten) oder therapeutische Gruppen, die dazu beitragen, dass Pflegeeltern mit Erziehungsschwierigkeiten, Behinderungen und anderen Problemen zurechtkommen, nicht effizienter als der mit einem Pflegestellenabbruch verbundene Arbeitsaufwand? Wenn nur ein Pflegekind vor einer Heimeinweisung bewahrt bleibt, weil die Pflegefamilie dank einer guten Vorbereitung, einer intensiven Nachbetreuung und einer professionellen Beratung doch noch mit ihm zurechtkommt, spart das Jugendamt mehr Geld, als ihm die genannten Angebote kosten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Kooperation mit anderen Einrichtungen gesucht und ein Netzwerk zum Wohle der Pflegekinder und ihrer Familien aufgebaut wird.

Literatur

Textor, M.R.: Erfahrungen mit Pflegekinderdiensten und Adoptionsvermittlungsstellen. Ergebnisse der KINDESWOHL-Umfrage. Münster: Bundesverband der Pflege- und Adoptiveltern 1995a

Textor, M.R.: Forschungsergebnisse zur Familienpflege. In: Textor, M.R./Warndorf, P.K. (Hg.): Familienpflege: Forschung, Vermittlung, Beratung. Freiburg: Lambertus 1995b, S. 43-66

Textor, M.R.: Angebote für Pflege- und Adoptiveltern. Zentralblatt für Jugendrecht 1995, 82, S. 538-540 und 1996, 83, S. 57

Textor, M.R./Warndorf, P.K. (Hg.): Familienpflege: Forschung, Vermittlung, Beratung. Freiburg: Lambertus 1995